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Casino Davos: Eine Liebe auf Zeit

Im September 2021 hat sich die Stadtcasino Baden Gruppe von der Beteiligung an der Casino Davos AG getrennt. Die Verbindung war geprägt von höheren Erwartungen, als sie halten konnte.

Am Ende bleibt nach dem zehnjährigen Engagement der Gruppe beim Casino Davos ein Cash-Drain von rund CHF 2.5 Mio. Lehrgeld, sagen die einen. Am Ende eine Risikoversicherung, die das Geld wert war, die anderen. Aber der Reihe nach.

Vorwärtsstrategie im Jahr 2012

Das Engagement der Gruppe beim Casino Davos erfolgte im Jahr 2012 und im Nach-gang an die verlorene Ausmarchung um die Konzession für ein Grand Casino Zürich. Die Stadtcasino Baden AG hatte dort mit zwei Gesuchen bei der Bewertung die Plätze 1 und 2 geholt, die politische Entscheidung fiel trotzdem gegen die Bewerbungen aus dem Aargau und für eine Zürcher Gesellschaft aus. Die Verwaltungsräte der Holding und der da-maligen Spielbank Baden AG (heute: Grand Casino Baden AG) definierten daraufhin eine neue Vorwärts- und Diversifikationsstrategie.

Teil dieser Strategie war auch die Übernahme von 90% der Aktien an der Casino Davos AG. Im vollen Bewusstsein, dass es sich dabei um einen Turnaround-Kandidaten handelte, wie der damalige Präsident des Verwaltungsrates, Peter Blöchlinger, in der Einleitung zum Geschäftsbericht 2012 schrieb. Gleichwohl war die Überzeugung gross, mit den passenden personellen und konzeptionellen Massnahmen das Unternehmen in die schwarzen Zahlen zu führen.

Trotz Umbau alles auf rot

Bereits im ersten Betriebsjahr wurde das Casino renoviert. 2013 konnte immerhin der Erfolg vermeldet werden, dass Davos als einziges Schweizer Casino einen steigenden Bruttospielertrag verbuchen konnte. Der Verlust reduzierte sich von rund CHF 320 000 im Jahr 2012 auf CHF 204 000 im Jahr 2013. Den Turnaround schaffte Casino Davos allerdings auch in den Folgejahren nicht. Zum einen vermochte der hohe Frankenkurs den Tourismus in Davos nicht eben zu beflügeln, zum anderen liessen sich aufgrund von behördlichen Vorgaben verschiedene Ideen zur Kostenreduktion durch Synergieeffekte mit Baden nicht realisieren. Resultat: Die roten Zahlen blieben, die Jahresabschlüsse pendelten sich irgendwo zwischen CHF 200 000 und CHF 700 000 Verlust ein.

2015 schoss die Gruppe zusätzliche fast CHF 1.4 Mio. ein, verbuchte eine ausserordentliche Wertberichtigung auf den Sachanlagen von CHF 732 000 und schloss das Geschäftsjahr mit einem Verlust von CHF 650 000. Im Geschäftsbericht wurde ganz offen eine Schliessung des Betriebs ins Auge gefasst.

Neues Geldspielgesetz als Wendepunkt?

Ab 2016 wurden dann die Umrisse des neuen Geldspielgesetzes sichtbar. Nebst einer deutlichen Entlastung der Bergcasinos stand die Aussicht im Raum, Casino Davos um ein Online-Angebot zu ergänzen und damit das Ruder herumzureissen. Die Schliessung wurde allerdings 2017 erneut zum Thema, nachdem der Ständerat die geplanten Entlastungen der Bergcasinos wieder aus dem neuen Gesetz gestrichen hatte. Dass die Schliessung nicht erfolgte, war ab sofort lediglich noch der Aussicht auf die Eröffnung eines Online-Casinos und der Möglichkeit der Quersubventionierung zu verdanken.

Die Gruppe hatte da bereits Kontakte zur belgischen Ardent-Gruppe geknüpft, die im Bereich Online-Casinos über weitgehende Erfahrungen verfügte. Casino Davos wurde zu einem Joint Venture, die Ardent-Gruppe übernahm im Jahr 2018 für CHF 2.1 Mio. 44 Pro-zent der Aktienanteile an Davos. Mit dem Entscheid hatte der Verwaltungsrat ganz gezielt auch den Wagemut abgefedert, den er bei den Online-Ambitionen des Grand Casino Baden an den Tag legte: Für jackpots.ch, das Online-Casino des Stammhauses, sollte nämlich via Gamanza Group eine eigenständige Softwarelösung entwickelt werden. Die Überlegung: Sollte es mit der Eigenentwicklung am Ende doch nicht funktionieren, so stünde die Gruppe dann immerhin über Casino Davos rechtzeitig mit einem Online-Casino am Start.

Mit dem Online-Angebot noch immer keine schwarzen Zahlen

Tatsächlich gelang es, im September 2019 mit casino777.ch das vierte Online-Casino der Schweiz zu lancieren. Für den Start musste die Gruppe allerdings noch einmal CHF 2.2 Mio. einschiessen, und die nach der Lancierung verbleibenden drei Monate reichten nicht aus, um bereits 2019 ein positives Betriebsergebnis zu erzielen. Schon früh begann sich auch eine kleine Überraschung abzuzeichnen: Entgegen allen Erwartungen hatte die Software, mit welcher Ardent in anderen Ländern bereits erfolgreich arbeitete, etliche Mühen mit den Anforderungen der Schweizer Behörden. Mehr zumindest als die Neuentwicklung von Gamanza für jackpots.ch.

Hoher Frankenkurs und kurze Wintersaison: Schweizer Bergcasinos sind ohne Online-Geschäft kaum profitabel zu betreiben.

Konkret manifestierten sich diese Probleme insbesondere an der Integration des Ange-bots von Pokerstars, dem weltweit grössten Anbieter von Online-Poker. Dank den Kontakten der Ardent-Gruppe konnte Casino Davos exklusiv für casino777.ch eine Partnerschaft mit Pokerstars etablieren. Jedoch kam die Software-Integration nicht wie gewünscht voran. Eine schonungslose Analyse zeigte, dass noch einmal erhebliche Auf-wände nötig werden würden, um die Plattform von casino777.ch auf das notwendige Niveau zu bringen. Für die Stadtcasino Baden Gruppe machte es allerdings wenig Sinn, da noch einmal nachzulegen und in eine Software-Entwicklung zu investieren, wo doch gleichzeitig im selben Hause bei Gamanza bereits eine Software-Lösung finanziert worden war. Im Herbst 2021 einigten sich deshalb Ardent und die Stadtcasino Baden Gruppe darauf, dass die Belgier den Lead und das Aktienpaket von 46%, das die Stadtcasino Baden AG noch hielt, übernehmen würden.

 

Jürg Altorfer im Interview zum Verkauf des Casinos Davos

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