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Fünf Fragen - zehn Antworten

Tanja Erskine und Georgette Stadtmann im Interview zum neuen Sozialkonzept

Es wird oft behauptet, ein Casino-Betreiber habe doch ein Interesse, möglichst viel Einnahmen zu generieren – und nicht, die Spielerinnen und Spieler vor zu hohen Einsätzen zu schützen?

Georgette Stadtmann: Das ist falsch. Wenn ein Spieler über seinen Verhältnissen spielt, müssen wir ihn zwingend sperren – in diesem Punkt gibt es absolut keinen Spielraum. Ein gesperrter Spieler geht uns als Kunde verloren. Deshalb handeln wir in unserem eigenen Interesse, wenn wir darauf achten, dass unsere Gäste innerhalb eines von ihnen definierten Rahmens spielen, der mit ihren finanziellen Verhältnissen vollkommen vertretbar ist.

Tanja Erskine: Dass es uns ernst ist, zeigt sich übrigens auch daran, dass unser Stellenetat stetig wächst. Online und offline arbeiten unterdessen Kolleginnen und Kollegen im Umfang von 5.5 Vollzeitstellen ausschliesslich im Spielerschutz.

Dennoch: In den Medien tauchen immer wieder Klagen auf, dass Spieler in die Sucht abgeglitten sind, aber nicht rechtzeitig erkannt wurden.

Tanja Erskine: Da muss man jeden Fall einzeln und genau anschauen. In meinem Bereich, dem OnlineSpiel, stellt sich dann häufig heraus, dass ein Spieler bei uns schon lange gesperrt war, dann aber auf ausländische Online-Anbieter ausgewichen ist, die keinerlei Spielerschutz kennen. Hier zeigt sich, dass die behördlichen Massnahmen, die verhindern sollen, dass Kunden aus der Schweiz im Ausland spielen, zu wenig greifen.

Georgette Stadtmann: Manchmal kommt es auch vor, dass Gäste das Sozialkonzept falsch verstehen: Es hat nicht die Aufgabe, Gäste davor zu schützen, dass sie im Casino Geld verlieren. Das Sozialkonzept ist dafür da, Spielerinnen und Spieler zu erkennen, welche die Kontrolle über ihr Spielverhalten verloren haben oder zu verlieren drohen. Wenn aber jemand einfach an einem Abend 5 000 Franken aus seinem Millionenerbe verspielt hat und ihn anschliessend das Geld reut, ist das noch nicht per se ein Fall für das Sozialkonzept.

Das Sozialkonzept sieht auch vor, dass Sie im Hintergrund Erkundigungen über Gäste einziehen, ohne dass diese davon wissen. Entspricht das den Datenschutzbestimmungen?

Georgette Stadtmann: Selbstverständlich tun wir nichts ohne gesetzliche Grundlage. Aber es ist so, dass sich unsere Arbeit immer in einem Spannungsfeld bewegt: Auf der einen Seite steht der Schutz der Persönlichkeit und die Freiheitsrechte, auf der anderen Seite die Erwartung des Staates und der Gesellschaft, dass wir die Spielsuchtproblematik rigoros angehen.

Tanja Erskine: Beim Online-Casino kommt hinzu, dass wir daran arbeiten, mittels künstlicher Intelligenz noch besser zu werden bei der Analyse der Spielerinnen und Spieler. Wir erhoffen uns beispielsweise, dass wir durch diese Datenanalysen auf Muster stossen, die schon sehr früh auf ein mögliches problematisches Spielverhalten einer Person zu einem späteren Zeitpunkt hinweisen. Dann können wir schon in einem sehr frühen Stadium entsprechende Gegenmassnahmen einleiten. Wir gehen davon aus, dass gerade bei den Jüngeren die Akzeptanz für solche Massnahmen gross sein wird. Sie dienen zu ihrem Schutz und dahinter stehen Computersysteme und keine Menschen, die sie aushorchen.

Gibt es auch Gäste, die unwirsch reagieren, wenn sie auf ihre finanziellen Verhältnisse angesprochen werden?

Georgette Stadtmann: Diese Gespräche führen unsere Floormanager, die dafür speziell ausgebildet sind und jedes Jahr von Neuem darin geschult werden. Es ist sehr wichtig, dass sie sensibel vorgehen. Wir haben selten verärgerte Gäste, wenn wir ihnen erklären, dass es bei diesen Gesprächen um den Schutz derjenigen geht, die möglicherweise die Kontrolle über ihr Spielverhalten verlieren könnten.

Tanja Erskine: Und es gibt auch diejenigen, die froh sind, dass wir sie ansprechen, weil sie in diesem Moment realisieren, dass sie vielleicht tatsächlich einen gewissen Drang zum Spielen verspüren, den sie nicht mehr vollständig unter Kontrolle haben. Die sind dann häufig recht dankbar, wenn wir beispielsweise gemeinsam eine Spielsperre beschliessen, um sie vor Ungemach zu bewahren.

Ein Problem bleibt: Sie sehen ja nicht, in welchen anderen Casinos – online oder klassisch – die Gäste noch spielen. Dadurch besteht doch das Risiko, dass ihre Spielsucht unentdeckt bleibt, bis es zu spät ist?!

Tanja Erskine: Für das Online-Casino kann ich sagen, dass bei gefährdeten Gästen das Spielverhalten selbst fast immer schon einen Alarm auslöst. Wer die Kontrolle über das Spiel zu verlieren droht, zeigt das häufig auch in seinem Spielverhalten, und nicht ausschliesslich durch die Häufigkeit des Einloggens.
Dadurch werden gefährdete Gäste erkannt, auch wenn sie noch in anderen Casinos Gast sind.

Georgette Stadtmann: Im klassischen Casino besteht dieses Risiko sicherlich ein Stück weit. Die Auswertungen zeigen aber, dass solche Fälle nicht häufig vorkommen. Die meisten Gäste, die ein problematisches Spielverhalten zeigen, konzentrieren sich auf wenige Casinos oder auch nur eines und sind dort dann dafür häufig zu Gast. So können wir sie auch erkennen.

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